Die Stubaier Alpen

Stubaier Cocktail

Der Stubaier Höhenweg vom 19.08. bis zum 28.08.2006

Der Anruf kam ca. 1 Woche vor Beginn der Tour. „Packt auf jeden Fall Gamaschen und warme Kleidung ein...!“ Sensibilisiert durch die Witterung während der Jubiläumsfeierlichkeiten der Nielderelbe- und der Kieler Wetterhütte am ersten Augustwochenende richtete Armin in einem Rundruf diesen Appell an uns. Um es vorweg zu nehmen, die Gamaschen haben nur das Rucksackinnere gesehen und durften nicht an die frische Luft.

Samstag, 19.08.06
Talstation Schlick 2000 (1.000 m) – Schlicker Alm (1.643 m); Aufstieg ca. 640 m, Abstieg ca. 0 m, Dauer ca. 2,5 Std.

Bei schönstem Sonnenschein treffen sich 12 Wanderer in freudiger Erwartung in Fulpmes an der Talstation Schlick, um gemeinsam in neun Tagen über den Stubaier Höhenweg von Hütte zu Hütte zu ziehen.  Zur Vorfreude auf diese Tour hat maßgeblich der nette Informationsabend mit „Hüttenjause“ im April von/bei Gila und Armin beigetragen, an dem der Routenverlauf so packend geschildert wurde, dass wir alle schon mit den Füßen gescharrt haben. Zum großen Teil kennen sich die Teilnehmer schon von der Sektionsfahrt ins Verwall 2005. Es sind Andrea, Annette, Bruno, Maria, Martin, Rainer und Wolfgang, sowie Gila und Armin, die diese Tour leiten. Anke, Dagmar und Martin,  der Längere (so Marias schnelle unterscheidende Kennzeichnung zwischen den zwei Martins) sind neu in dieser Runde. Die Wettervorhersage für die nächste Zeit lautet „instabil“. So brechen wir denn um 14.30 Uhr zu unserem ersten Anstieg auf die Schlicker Alm auf. Nachdem wir zunächst auf einer Fahrstraße an Höhe gewinnen, zweigt der Weg bald in ein Wäldchen ab, gleich mit  einer  Geschicklichkeitsprobe, gilt es doch mit dem Rucksack auf dem Rücken unter einem umgestürzten Baum hindurch zu kommen. Im Wechsel von Licht und Schatten erreichen wir den schön angelegten Speicherteich vor der Schlicker Alm und haben einen wunderbaren Blick auf die Kalkkögel – die „Dolomiten Nordtirols“.  Nach einer Pause überrascht uns ein Erlebnispfad mit Barfußstrecken und verschiedenen Abenteuerteilen, den wir auch nutzen. Den krönenden Abschluss bildet der Barfuß - Erlebnispfad, auf dem unsere ver- oder entwöhnten Füße, je nachdem wie man es betrachtet, auf Tannenzapfen, Reisig, Kies und anderem Untergrund gehen dürfen. Auf das anschließende Kneipen verzichten allerdings alle. Nach einem leckeren Abendessen spazieren wir noch gemeinsam für eine halbe Stunde ins Tal hinein und lassen dann den Tag gemütlich ausklingen. Wir bekommen hier einen leichten Einstieg ins Hüttenleben, wir bewohnen Vierbettzimmer mit zugehöriger Dusche und WC.

Sonntag, 20.08.06 Schlicker Alm (1.643 m) – Starkenburger Hütte (2.239 m) über Sennjoch (2.198 m); Aufstieg ca. 600 m, Abstieg ca. 0 m, Dauer ca. 2,5 Std.

Um 8.00 Uhr brechen wir von der Schlicker Alm frisch und gestärkt durch ein Frühstücksbüffet auf. Die Temperatur ist angenehm, aber wir sehen leider nicht sehr viel, weil wir im Nebel gehen. Langsam gewinnen wir an Höhe und wandern an der Zirmachalm vorbei. Auf unserem Weg zum Sennjoch wird unser Weg von etlichen Exemplaren des Feldenzians gesäumt. So findet das Auge – auch wenn der Weitblick fehlt – immer etwas, woran es sich erfreuen kann. Im Laufe des Weges gehen wir durch weißes Kalkgestein, zu dem die blauen Glockenblumen einen schönen Kontrast bilden. Trotz des Nebels wirkt dieser Abschnitt sehr ansprechend und freundlich. Ab und an lichtet sich hier auch einmal der Nebel, so dass kurze Blicke ins Tal auf Fulpmes und Medraz möglich werden. Der Weg führt direkt durch etliche Lawinenverbauungen. Unsere letzte Pause im Nebel führt zu der Diskussion, was eigentlich die Motivation für eine Tour ist. Die Sicht, der Weg? Wir merken, dass das jede/r für sich anders gewichtet. Als zum Ende der Pause der Nebel aufreißt, sehen wir, dass die Starkenburger Hütte bereits zum Greifen nah vor uns liegt. Nach ca. 2,5 Std. betreten wir die Hütte. Ein Teil der Gruppe entschließt sich trotz der trüben Aussichten, den Hohen Burgstall (2.611 m) zu besteigen. Um 13.00 Uhr gehen wir die 370 Höhenmeter an. Es ist ein leicht begehbarer Weg und mit einigen Regentropfen zusammen erreichen wir den Gipfel. Beim Abstieg teilt sich die Gruppe, weil ein seilversicherter Weg für einen Teil der Gruppe so verlockend erscheint, dass wir diesen gehen möchten. Auf dem weiteren Abstieg fängt es jetzt richtig an zu regnen, schließlich gewittert es sogar. Feucht aber ansonsten wohlbehalten erreichen alle die Hütte. Regen und Wind nehmen immer mehr zu. David, der dreizehnte in unserer Runde, stößt erst heute auf der Starkenburger Hütte zu uns. Er musste einen großen Teil seines Weges in dieser Witterung gehen und kommt dementsprechend Nass an. Nun ist die Gruppe komplett. Nach einigen Stunden beruhigt sich das Wetter wieder. Vor der Hütte beobachten wir ein ständiges Wechselspiel der Wolken. Fast in Sekundenschnelle ändern sich die Blicke. Mal grüßt durch die weißen Schleier der Habicht, mal der Wilde Freiger und das Zuckerhütl. Jetzt bricht David noch einmal auf. Sein Ziel ist auch der Hohe Burgstall. Wie schon am gestrigen Abend zieht Armin nach dem Abendessen ein Resümee des erlebten Tages und gibt eine Aussicht in Bezug auf Wegverlauf, Anforderung, Dauer und Wetter für den folgenden. So wird es jeden Abend sein und das ist gut so. Es rundet den Tag ab und wir wissen, worauf wir uns am nächsten Tag einstellen müssen.

Montag, 21.08.06
Starkenburger Hütte (2.239 m) – Franz-Senn-Hütte (2.147 m) über Seejöchl (2.518 m); Aufstieg ca. 280 m, Abstieg ca. 370 m, Dauer ca. 6 Std.

„Konstant instabil“ empfängt uns das Wetter heute. Bei 2 C und Nieselregen brechen wir um 7.30 Uhr auf und wandern wieder in den Wolken. Rätselraten gibt auf, wessen Uhr vergangene Nacht stündlich im Lager gepiept hat und Maria somit in regelmäßigen Abständen daran erinnerte, dass sie nicht schlief. Zunächst gehen wir auf dem von gestern Nachmittag schon bekannten Weg bis zum Seejöchl (2.518 m) und legen hier eine kurze Getränkepause ein. Angedacht war, von hier aus die Schlicker Seespitze (2.804 m) zu besteigen, aber ob des Wetters nehmen wir von diesem Vorhaben Abstand und setzen unseren Weg gleich auf dem Franz-Senn-Weg fort. Regen, Eiskristalle, leichter Schnee – es wird kalt. Mit Handschuhen und Regenzeug geht es weiter. Irgendwann kommt die Sonne durch und weckt die Lebensgeister wieder. Während einer Pause, lässt Maria durchblicken, sie kenne jetzt den Übeltäter. Ihre eigene Uhr hat ihr den Streich gespielt und sie versucht, diese Funktion auszustellen. Wir erleben heute einen echten Wettercocktail, einen ständigen Wechsel von Bewölkung, Regen (mal mehr, mal weniger) und auch mal ein wenig Sonne. Der Weg führt immer leicht auf und ab. Die einzigen nennenswerten Höhenmeter, die wir erklimmen, erweisen sich als Abzweiger an der Seduckalm (2.249 m) zur Potsdamer Hütte und Gila pfeift uns im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Hin und wieder gewährt uns das Wetter einen Blick in die Weite des Tals. Auf der Höhe der Stöcklen Alm erblicken wir zum ersten Mal die Franz-Senn-Hütte, die aber noch ein gutes Stück entfernt ist. Zunächst einmal gilt es in die seilversicherte Viller Grube hinab- und dahinter wieder hinaufzusteigen. In der Nähe der Hütte heißt es dann noch einmal Regenkleidung an. Gegen 15.00 Uhr haben wir unser heutiges Tagesziel erreicht. Eine halbe Stunde später brechen Armin und David noch einmal Richtung Rinnenspitze (3.000 m) auf. Wir anderen lassen es ruhiger angehen, ein kleiner Spaziergang ins Oberbergtal hinein oder ein gemütliches Stelldichein vor der Hütte, je nach Geschmack. Nach dem Abendessen gibt Armin einen Wein auf seinen Potsdamer - Hütten- Abzweiger aus. Na so gehen wir doch gerne einige Höhenmeter mehr.

Dienstag, 22.08.06
Franz-Senn-Hütte (2.147 m) – Neue Regensburger Hütte (2.286 m) über Schrimmennieder (2.706 m); Aufstieg ca. 560 m, Abstieg ca. 420 m, Dauer ca. 4 Std.

Hören wir richtig? Ja, heute werden wir durch Zittermusik geweckt. Der Bergführer einer parallel gehenden Gruppe hat gestern Abend bei uns im Raum gesessen und die Hüttenzitter repariert und gestimmt. Heute Morgen kommen wir also in einen ganz unerwarteten Genuss. Gegen 8.00 Uhr verlassen wir die Hütte. Wir kennen das ja schon. Es ist bewölkt, es regnet leicht – eben konstant instabil. Aber wir haben einen recht freien Blick auf den gestrigen Wegverlauf – das ist doch mal was. Wir haben heute die leichteste Etappe der Tour vor uns. Zunächst führt uns ein gut begehbarer Weg von der Hütte weg, später führt der Anstieg Richtung Schrimmennieder über Blockwerk und Geröll. Nach einem ersten schweißtreibenden Anstieg (Welche Kleidung ist denn heute bloß richtig, Regenjacke oder T-Shirt?) machen wir eine ausgiebige Pause und können den weiteren Wegverlauf begutachten, die Querung zur anderen Seite, den Zickzackanstieg und später relativ horizontalen Wegverlauf auf der anderen Hangseite. Mit dem Erreichen des Schrimmennieders auf 2.706 m ist leider wieder alles dicht gezogen. Auch unsere Pause in den Wolken lässt es nicht aufklaren und so entscheiden wir uns, das Basslerjoch (2.830 m) nicht zu erklimmen. Die Aussicht vom Basslerjoch auf den Stubaier Hauptkamm soll Ihresgleichen suchen, aber heute eben nicht. Stattdessen wird es kühl und fängt wieder an zu regnen. In Wolken und Regen machen wir uns an den Abstieg. Plötzlich taucht die Neue Regensburger Hütte in der Ferne vor uns auf und wir können den Blick genießen, bevor der Nebel sie wieder verschluckt. Gegen 13.00 Uhr haben wir die Hütte erreicht. Im „Duchgangsbüro“ zeigt der Wirt Christoph seine organisatorischen Fähigkeiten. Wir bekommen ein gemeinsames Lager im Nebenhaus und erfreuen uns an Germknödeln und anderen süßen Schmankerln. Armin, Anke, David, Gila, Martin der Längere und Rainer brechen um 14.45 Uhr noch zur regnerischen Besteigung der Kreuzspitze (3.082 m) auf, während die übrigen sich einen gemütlichen Hüttennachmittag gönnen.

Mittwoch, 23.08.06
Neue Regensburger Hütte (2.286 m) – Dresdner Hütte (2.302 m) über Grabagrubennieder (2.880 m) und Egesennieder (2.506 m); Aufstieg ca. 1000 m, Abstieg ca. 980 m, Dauer ca. 6 Std.

Heute Morgen dürfen wir ihn erleben, den Sonnenaufgang vor der Hütte. Nach einem guten Frühstück starten wir schon gegen 7.00 Uhr bei schönem Wetter in den Tag. Wir brechen so früh auf, um am Grabagrubennieder niemanden wegen der Steinschlaggefahr vor uns zu haben. Nahezu eben  gehen wir zunächst dem Hohen Moos entlang taleinwärts und sehen heute die sanft anmutende Umgebung der Hütte, die uns gestern nicht preisgegeben wurde. Immer wieder wandern die Blicke zurück, die Hütte im Morgenlicht, davor das frische Grün und die Bäche. Weiter geht es ansteigend Richtung Falbesoner See. Hier machen wir eine erste Pause. Der folgende Weg wird langsam rauer. Viel Blockwerk und loses Geröll prägen nun den Weg. Er führt unter der Zunge des Grabawandferners weiter und quert steile, von Felsrippen durchbrochene Hänge (teilweise mit Seilsicherungen). An etlichen Stellen springt Gletscherschliff am Gestein ins Auge. Mit dem Grabagrubennieder (2.880 m) erreichen wir den höchsten Punkt des Stubaier Höhenweges. Hier oben angekommen genießen wir eine Pause mit endlich offenen Blicken auf Wilder Pfaff, Wilder Freiger, Zuckerhütl und andere. Beim  nun folgenden lang gezogenen Abstieg haben wir die herrlichen Stubaier Gletscherberge vor Augen, teilweise durch aufsteigende Wolken geheimnisvoll bedeckt. Im weiteren Wegverlauf gönnen wir uns einen kleinen Umweg über den Mutterbergersee (2.483 m). Dieser Umweg lohnt sich wirklich. Eine gute Stunde pausieren wir hier, baden unsere Füße im kalten See und liegen in der Sonne. Dabei können wir über die gesamte Zeit den Anblick vom See und die sich in ihm spiegelnden Berge bewundern. Irgendwann geht auch die schönste Pause zu Ende und wir machen uns wieder auf den Weg. Zunächst folgt ein etwa 45 minütiger Abstieg zur Fahrstraße, begleitet vom Tosen eines Wasserfalls. Nun folgt der letzte Anstieg über den Egesennieder bis zur Dresdner Hütte, ca. 300 Höhenmeter müssen noch bewältigt werden. Und schließlich erreichen wir sie, die Dresdner Hütte auf 2.302 m. Das Gelände um die Hütte ist recht verbaut, sie ist 5 min. von der Mittelstation der Stubaier Gletscherbahn entfernt. Die Hütte ist recht groß, aber komfortabel und es gibt hier einen sehr leckeren Kaiserschmarren. Um 20.00 Uhr hängt die aktuelle Wettervorhersage für den nächsten Tag aus: Schon im Laufe des späten Vormittags Zusammenbruch des Föns, Gewitter, Regen, Sturmböen.

Donnerstag, 24.08.06
Dresdner Hütte (2.302 m) – Sulzenauer Hütte (2.191 m) über Peiljoch (2.676 m); Aufstieg ca. 370 m, Abstieg ca. 490 m, Dauer ca. 3 Std.

Unser ursprünglicher Plan erfährt durch die Wettervorhersage eine kleine Änderung. Die Fahrt mit der Stubaier Gletscherbahn in die Gletscherregion und die Besteigung der Schaufelspitze (3.333 m) finden nicht statt, das Zeitfenster erscheint uns zu eng. Lieber wollen wir sicher die  Sulzenauer Hütte erreichen und bei guten Verhältnissen von dort aus am Nachmittag noch etwas unternehmen. Aber zunächst können wir den Tag hier sogar mit dem Genuss von Semmeln beginnen. Nach dieser Stärkung starten wir gegen 8.15 Uhr unsere heutige Tagesetappe. Eine halbe Stunde steigen wir gemeinsam bis zur Wegverzweigung Trögler oder Peiljoch auf. Hier trennen wir uns. Eine Gruppe nimmt den Weg über das Peiljoch (2.676 m). Dieser ist steil, aber mit guten Seilsicherungen versehen. Vom Peiljoch ist die herrliche Aussicht auf den Sulzenaugletscher zu genießen. Der Abstieg erfolgt zunächst in Serpentinen und dann über die Endmoräne des Sulzenaugletschers Richtung Hütte. Die zweite Gruppe verlängert den Weg um etwa eine Stunde, indem sie die Variante über den Großen Trögler (2.902 m) wählt. Über Serpentinen gelangen wir bis zum Gipfel, immer wieder mit  großartigen Blicken auf den zerklüfteten Sulzenauferner. Auf dem Gipfel zieht es dann dicht und wegen der Vorhersage halten wir uns hier nicht lange auf. Der Abstieg gestaltet sich interessant und abwechslungsreich, teilweise mit Seilversicherungen. Außerdem können wir „Dominoziegen“ (vorne schwarz und hinten weiß) auf dem Weg begrüßen, die sich von uns in keinster Weise beeindruckt zeigen. Im Laufe des Abstiegs wird es sonniger, der Gipfel des Tröglers bleibt jedoch in den Wolken. Schon recht in der Nähe der Hütte gönnen wir uns am Pfaffenlehner eine ausgiebige Pause. Von hier aus haben wir einen prächtigen Blick auf den Sulzenauferner und die imposanten Gipfel im Hintergrund, die allerdings auch zunehmend von Wolken umspielt werden. Gegen 13.00 Uhr vereinigen sich unsere beiden Gruppen wieder an der Hütte und die, die ihn gegessen haben sind sich einig: Der Topfenstrudel hier sucht seinesgleichen. Am Nachmittag schlendern wir noch zum nahe gelegenen Klettergarten und einige Erfahrene wagen sich auch ohne Sicherung an die leichteren Routen. Nun fallen doch irgendwann die ersten wenigen Regentropfen, doch bevor es richtig zu regnen beginnt, haben alle die trockene Hütte erreicht. So schlimm wie vorausgesagt entwickelt sich das Wetter aber doch nicht. Von Gewitter und Sturm bleiben wir verschont. In der Hütte findet David seinen persönlichen Klettersteig, er muss über die Fensterbank ins obere Bett. Während die meisten von uns schon in der (noch kalten) Lübecker Stube sitzen, sorgen zwei Schweine vor der Hütte für Unterhaltung, Romeo und Julia. Sie bekommen vom Wirt etwas zu Fressen, aber nach seiner Aussage findet die „Raubtierfütterung“ gleich im Innern der Hütte statt. Wen meint er?

Freitag, 25.08.06
Sulzenauer Hütte (2.191 m) – Bremer Hütte (2.413 m) über Niederl (2.680 m), Nürnberger Hütte (2.280 m) und Simmingjöchl (2.750 m); Aufstieg ca. 960 m, Abstieg ca. 740 m, Dauer ca. 7 Std.

Unsere heutige Etappe zählt sicherlich landschaftlich zu den schönsten. Um 7.30 Uhr wandern wir in östlicher Richtung über grüne Bergmatten. Wir überqueren einige Bäche und wandern am Grünausee vorbei zum Niederl (2.627 m). Hier oben weiden Schafe, von denen sich eines als sehr anhänglich erweist. Der zunächst seilversicherte Abstieg führt zur Nürnberger Hütte, auf der wir ein längeres Päuschen einlegen. Wir sitzen in der Sonne, schlemmen heimische Spezialitäten und haben einen schönen Blick auf den Grublferner. Im weiteren Verlauf wandern wir anfangs recht eben teils über ausgedehnte Gletscherschliffplatten, bis der Weg zum Langentalbach abfällt. Danach geht es wieder aufwärts, wir steigen wieder über Platten auf. Und plötzlich stehen wir im „Paradies“. Wer an diesem Fleckchen Erde war, weiß warum es so heißt Nach unserem kurzen Besuch an diesem zauberhaften Ort führt der Weg weiter aufwärts zum Simmingjöchl (2.750 m), im letzten Stück seilversichert. An der Zollhütte pausieren wir nach dem Anstieg. Hier bietet sich ein prächtiges Panorama. Nach Westen können wir unseren bisherigen Wegverlauf und die Nürnberger Hütte sehen, nach Osten liegt die Bremer Hütte in der Ferne im Gschnitztal vor uns.  Von unserem Pausenplatz aus kann man einen Teil des Gletschertors sehen, das ungefähr 15 Wegminuten entfernt nach Süden liegt. Das ist einfach zu verlockend und so machen sich die meisten von uns auf, dem kleinen See, in den das Gletschertor mündet, einen Besuch abzustatten. Ein lohnender Abstecher: das rötliche Gestein, der weiße Schnee, das bläuliche Eis – alles zum Greifen nah. Zurück am Simmingjöchl werden wieder die Rucksäcke geschultert und wir machen uns an den Abstieg, der noch etwa 1,5 Stunden beanspruchen wird.

Samstag, 26.08.06
Bremer Hütte (2.413 m) – Innsbrucker Hütte (2.369 m); Aufstieg 560 m, Abstieg 520 m, Dauer ca. 7 Std.

Die Tour heute wird wieder lang werden, wenn auch insgesamt weniger Höhenmeter zu bewältigen sind als gestern. Um 7.15 Uhr verlassen wir bei Nebel die Hütte. Hier besteht übrigens die Möglichkeit eines Rucksacktransports und einige machen von dieser auch Gebrauch. Wir wählen als „Schmankerl“ den Weg durch einen 30 m hohen Kamin (gesichert durch Seil und Kletterhaken), den wir nach ungefähr einer Viertelstunde erreichen. Alternativ gibt es auch einen einfacheren Weg, der allerdings mehr Höhenmeter in Anspruch nimmt. Nachdem alle mit mehr oder weniger Aufregung aber gesund und munter diese Kletterpartie bewältigt haben, bekommen wir am Lautersee die Möglichkeit, uns zu erholen. Nach ca. 45 min. Gehzeit vereinigen sich die beiden o.g. Wege wieder. Im weiteren Verlauf des Weges durchwandern wir einige Hochgebirgsalmen, die durch Übergänge wie die Pramaspitze voneinander getrennt sind. Es geht hoch und runter. Auf einer Erhöhung angekommen sehen wir bis zur nächsten den jeweils folgenden Wegverlauf, in der Regel erst runter dann wieder rauf. Der gesamte Weg ist gut begehbar, teils felsig, teils auch mit Versicherungen. Die Sonne lugt hin und wieder durch den Nebel durch, kann sich aber nicht ganz dafür entscheiden herauszukommen. Und endlich sehen wir sie vor uns, die Innsbrucker Hütte. Ca. 45 Wegminuten trennen uns noch von ihr. Am Steinmann von unserer letzten Anhöhe genießen wir den Blick in das Pinnistal, noch einmal das Gschnitztal und die Erhebungen von Kalkwand, Ilmspite und Kirchdachspitze. Rückblickend können wir einen guten Teil des Weges verfolgen. Gegen 16.00 Uhr sind wir auf der Hütte. Nach kalten Duschen und dem Abendessen, hält dieser Abend für uns noch etwas Besonderes parat. Die Wirtin kommt und fragt, ob jemand von uns in der Lage ist, Harmonika zu spielen, sie würde allmählich verrosten. Als Martin S. sagt, er könne sich das Instrument ja einmal anschauen, bringt sie eine Handharmonika, ein Akkordeon. Schon die ersten Töne hören sich gut an und von diesen angezogen gesellt sich eine Frau, auch Hüttengast, mit der Gitarre dazu und die Hüttenmusik kann beginnen. Es wird ein gemütlicher musikalischer Abend – wenn nur unser Gesang nicht wäre.

Sonntag, 27.08.06
Innsbrucker Hütte (2.369 m) – Neustift/Neder (1.000 m); Aufstieg ca. 0 m, Abstieg ca. 1.370 m, Dauer ca. 3,5 Std.

Heute Morgen lassen wir uns um 6.00 Uhr wecken. Für diejenigen, die heute den Habicht besteigen möchten, ist die Abgangszeit für 7.00 Uhr festgelegt, die anderen können noch länger im Lager bleiben. Die erste Aufregung gibt es schon im Waschraum der Damen, weil sich hier ein kleiner Vogel verflogen hat. Aber mit ein wenig Hilfe findet er schließlich den Weg hinaus ins Freie. Während des Frühstücks fängt es an zu regnen und so verschieben wir auch nach Absprache mit dem Hüttenwirt die Abgangszeit auf 8.00 Uhr. Inzwischen findet sich auch die übrige Gruppe zum Frühstück ein und wundert sich über unsere Anwesenheit. Schließlich brechen wir mit 5 Personen auf. Unsere Gruppe ist von Stund auf Stund weniger geworden. „Wie die zehn kleinen Negerlein“, so Gilas Kommentar. Der Regen hat aufgehört und wir gehen in der feuchten, kalten und nebligen Luft los. Leider ist die Trockenheit nicht von langer Dauer, erst fängt es wieder an zu nieseln, später kommt der Niederschlag als Schnee herunter. An sich ist der Weg schön angelegt. Blockwerk, Seilversicherungen – ein interessanter Weg, leider bei „0“ Sicht. Ein Paar, das vor uns losgegangen ist, kommt uns entgegen. „Zu rutschig“, lautet die Einschätzung. Wir gehen noch weiter. Das steile, ausgesetzte Gelände wird jedoch zunehmend durch den liegenbleibenden Schnee schwieriger. Auf 2.832 m beschließen auch wir, den Weg nicht weiter fortzusetzen und kehren zur Hütte zurück. Auch die nach uns kommende Gruppe hat diesen Entschluss anscheinend gefasst, denn auf unserem Rückweg treffen wir sie nicht. Auf der Hütte komplettieren wir zunächst unsere Rucksäcke und lassen uns dann eine Suppe bzw. Apfelstrudel schmecken. Nach dieser Stärkung und einem kurzen Gespräch mit der Hüttenwirtin (Ist keiner mehr auf dem Habicht unterwegs? Dieser Nebel schlägt aufs Gemüt, es kommen dann halt auch keine Gäste und wir sind allein hier oben.) machen wir uns auf den Weg ins Pinnistal.

Und es zeigt sich einmal wieder: auch bei noch so schlechtem Wetter gibt es immer noch etwas Gutes. So werden wir auf unserem Abstieg von zwei Alpensalamandern verabschiedet, Auf Wiedersehen ihr kleinen schwarzen Gesellen. Im Tal erwartet uns nach einer Rast auf der Herzebenalm ein abschließender Abend im Hotel Klima mit einem Galadinner und vielen guten Worten. Gemeinsam haben wir in den vergangenen Tagen ca. 135 Streckenkilometer und ca. 9.800 Höhenmeter zurückgelegt. Eine wunderschöne Zeit liegt hinter uns, ein Cocktail ganz besonderer Art. Die Wege hatten sowohl von der Dauer als auch von den technischen Anforderungen immer ein eigenes Profil, die zu durchwandernden Landschaften und Ausblicke (soweit wir sie denn hatten) waren so verschieden und eindrucksvoll. Das Wetter hat uns so ziemlich alles geboten, was es so gibt und nicht zuletzt bestand auch unsere Gruppe aus einer Mixtur -  eben ein ganz besonderer Cocktail. Unser ganz herzliches Dankeschön für die bis ins allerletzte Detail liebevoll und genau ausgearbeitete Tour gilt Gila und Armin. Bis zum nächsten Jahr???!!!!

Übrigens, einen Tag nach unserem Abstieg sank die Schneefallgrenze auf 1600 m.