Das Ortlergebiet

Hohe Routen im Ortlergebiet

  

Freitag 30.08.2013: Aufstieg zur Düsseldorfer Hütte

Wir treffen uns zu unserer gemeinsamen Tour 2013 in Südtirol – genauer im Angesicht des Ortlers - in Sulden auf 1.865 Meter Höhe.  m Parkplatz der Kanzelbahn treffen wir unsere Vorbereitungen zu unserem Aufstieg zur Düsseldorfer Hütte auf 2.720 Meter Höhe. Von hier aus wollen wir unsere ersten Tagestouren unternehmen. Wir starten gegen 14:00 Uhr vorerst zu dritt. Gila, Dagmar und ich werden den Weg zu Fuß zurück legen während Annette und Wolfgang den ersten Tag ein wenig ruhiger angehen wollen und den Kanzellift benutzen. Unsere Tour 2013 mit dem Holzmanntrupp wurde dieses Jahr von Annette geplant. Wir wollen zuerst zur Düsseldorfer Hütte bei Sulden aufsteigen. Von hier aus sind unser Ziel der Große Angelus und das Hintere Schöneck.

Der Weg führt an einem tosenden Wildbach gemächlich - aber stetig Höhe gewinnend – entlang. Wir lassen uns viel Zeit, denn die Landschaft mit den herrlichen Ausblicken und der prächtigen Flora laden immer wieder zum verweilen ein. Auf diesem Weg zwingt uns nicht der schwere Rucksack in die Knie sondern vielmehr der Makromodus unserer Kameras – wollen wir doch so dicht an das Motiv heran wie irgend möglich. Eine farbenfrohe Pflanzenwelt begleitet uns auf unserem Weg. Von Spinnwebhauswurz, Petersbart, Eisenhut bis hin zu Feldenzian. Auch sehen wir Vertreter der Silberdiestel oder auch Schönwetterblume genannt. Zeigt sie doch anhand des Blütenzustands das Wetter für die nächsten Stunden voraus. Habichtskraut und wunderschöne Glockenblumen wetteifern mit dem klaren blau des Sommerhimmels.

Über sanfte Hänge geht es stetig bergauf. Wir erreichen die Hütte gegen 16:30 Uhr. Hier weht ein starker und kühler Wind. Trotzdem genießen wir unsere Getränke warm eingepackt auf der Sonnenterasse der Hütte. Nach Bezug der Lager  lassen wir den Abend mit gemeinsamen Erinnerungen und den Planungen für die nächsten Tage ausklingen.

Samstag 31.08.2013: Großer Angelus

Aufgrund der guten Wettervorhersage für diesen Tag beschließen wir, den Großen Angelus zu besteigen. Gegen 08:00 Uhr beginnen wir den Abmarsch noch bei recht kühlen Temperaturen.

Über eine Hochmoorartige Ebene geht es immer weiter in das Tal hinein. Spiegelungen in den stehenden Wasserflächen verführen zum fotografieren. Wollgras besiedelt diese feuchte Ebene und wiegt sich sanft im Morgenwind.

Erhaben spiegeln sich die umgebenden Berge in den Wasserflächen. Erst durch Geröllablagerungen und an einem kleinen Bergsee vorbei geht es zur Einstiegstufe. Wir begehen die bekannte "Reinstadler Route", die praktisch einen eisfreien Zugang zum Gipfel ermöglicht. Die Landschaft wird jetzt hochalpiner, karger und schroffer. Aufmerksames gehen und Trittsicherheit ist erforderlich. Der weitere Aufstieg erfolgt nun über eine Steilstufe. Einige Bergsteiger sind schon vor uns auf dem Weg und wir können aus der Ferne unseren weiteren Weg verfolgen.

Viele Seilversicherungen helfen uns bei dieser leichten Genusskletterei die durchaus Schwindelfreiheit voraussetzt. Weiter hinauf geht es durch regelrechte Verwerfungen von gebrochenem Fels. Oberhalb der bezwungenen Steilstufe erreichen wir den ersten Schnee. Die Steine sind an vielen Stellen noch überfroren. Wir beschließen an einer geeigneten Stelle bei 3.265 Metern Höhe die Steigeisen anzulegen. Es ist jetzt 10:30 Uhr.

Weiter geht es nun über das steile Gipfelschneefeld und über den Gipfelgrat. Die ersten Bergsteiger kommen uns nach ihrer erfolgreichen Gipfelbesteigung schon entgegen.

Der Hohe Angelus hat eine Höhe von 3.521 Metern und ist wegen seiner ebenmäßigen Form, seiner guten Rundsicht nach allen Seiten und der leichten Erreichbarkeit weithin bekannt und ein beliebtes Tourenziel. Zuerst bestiegen wurde der Berg am 8. August 1868 von dem Polar- und Alpenforscher Julius Payer, dem Bergführer Johann Pinggera aus Sulden sowie einem namentlich nicht bekannten Träger.

Wir erreichen den Gipfel des Großen Angelus um 11:30 Uhr.  3.521 Meter über dem Meeresspiegel. Es bietet sich uns eine phantastische Sicht auf die uns umgebende Bergwelt und auf die Ziele der nächsten Tage. Nach einer Stunde Aufenthalt am Gipfel machen wir uns nun auf den Rückweg. Wir nehmen den Aufstiegsweg nun in entgegen gesetzter Richtung. Wenn das Gebiet heute Morgen noch eine kühle Erhabenheit ausstrahlte, so empfängt uns jetzt ein liebliches Hochtal, welches dazu einlädt, die Seele baumeln zu lassen. So gehen wir auch noch nicht gleich zur Hütte zurück sondern genießen noch die wärmenden Sonnenstrahlen. Bei dieser Milde – die Hütte schon im Blick – machen wir eine ausdauernde Pause und lassen währenddessen die Steigeisen und Gamaschen trocknen. Gegen 15:20 kehren wir auf die Düsseldorfer Hütte auf 2.720 Meter zurück und machen Pläne für den nächsten Tag.

Sonntag 01.09.2013: Abstieg über Hinteres Schöneck nach Sulden

Geplant haben wir für heute den Klettersteig hinauf zur Tschenglser Hochwand. Aber die Wetterverhältnisse sehen heute Morgen gar nicht danach aus. Es herrscht ein steter Wechsel zwischen Regen, Niesel und Wolken. Bei diesen Verhältnissen verbietet sich das Begehen eines Klettersteigs leider von selbst.

Also verlassen wir die Düsseldorfer Hütte um 09:10 in Richtung Sulden. Nach ca. 100 Höhenmetern hinab reißt der Himmel dann doch noch auf so dass wir, während wir das Regenzeug ablegen, beschließen einen kleinen Umweg zu machen und über das Hintere Schöneck nach Sulden abzusteigen. So kehren Gila, Dagmar und ich auf 2.605 Metern um und steigen wieder zurück zur Hütte hinauf. Annette und Wolfgang wollen Sulden über den Normalweg erreichen.

Von der Hütte aus steigen wir noch bei wolkigem Wetter in Richtung Hinteres Schöneck auf. Wir gewinnen rasch an Höhe und die Hütte wird schnell kleiner. Die Feuchtigkeit des verregneten Morgens liegt noch auf den Pflanzen und bietet abwechslungsreiche Ansichten. In vielen Serpentinen geht es einen gut markierten Pfad empor.

Um 11:30 Uhr erreichen wir unser Ziel. Die ersten Sonnenstrahlen genießen wir noch auf dem Gipfel des Hinteren Schöneck  in 3.120 Metern Höhe. Mit Erreichen des Gipfels verbessert sich das Wetter und der Himmel reißt nun endgültig auf. Auch bei diesem Wetter ist der Hausberg der Düsseldorfer Hütte eine lohnende Investition für die Mühen des Aufstieges.

Wir lassen unsere Blicke noch einmal über die Gipfel des Suldener Wandergebiets streifen und machen und dann schon bald auf den weiteren Weg. Denn aus Sulden sind doch einige Leute aufgestiegen und wir räumen den Gipfelplatz. Auf einer Wiese etwas unterhalb des Gipfels machen wir eine Rast und erblicken weitere schöne Alpenpflanzen wie Glockenblumen, Teufelskralle, Alpenmagarithe, einer Steinbrechart und Schafgarbe.

In weitem Bogen gelangen wir nun über eine Alm auf der Jungvieh gemütlich wiederkäut. Gesunde und zufriedene Tiere in einer wunderschönen Landschaft. Schon bald erreichen wir die Kalberhütte und durch Zirbenwälder geht es weiter hinab nach Sulden das wir um 16:00 Uhr erreichen.

Sulden ist ein Bergdorf mit etwa 400 Einwohnern im Suldental im westlichen Teil Südtirols. Es gehört zur Gemeinde Stilfs, liegt auf 1.900 m Meereshöhe und wird überragt von Bergen der Ortlergruppe; hierzu gehören der Ortler, die Königspitze, die Hintere Schöntaufspitze und der Monte Zebrù. Der Tourismus ist im Sommer wie im Winter Suldens Haupterwerbszweig. Der Ort hat mehr als 2000 Gästebetten. Die Wander- und Skigebiete sind durch elf Bergbahnen und Skilifte erschlossen.

In Sulden übernachten wir im Hotel „Gampen“ genießen nach einer ausgiebigen Dusche das hervorragende Abendessen. Morgen treffen wir uns mit Markus, Annettes Freund und unserem Marteller Bergführer, mit dem wir die nächsten einige Hochtouren unternehmen werden.

Montag 02.09.2013: Sulden - Brancahütte

Schon früh morgens – gegen 7:45 Uhr - frühstückten wir ausgiebig vom ausgezeichneten Frühstücksbüfett. Zu 08:00 Uhr hat sich Markus angekündigt. Für Dagmar und mich ist es das erste Zusammentreffen mit Markus. Die anderen Teilnehmer Gruppe kennen ihn schon von Touren der letzten Jahre. Die Seilbahn bringt uns von 1.925 Meter in 30 Minuten auf eine Höhe von 2.610 Meter zur Bergstation der Sektion II an der Schaubachhütte. Hier an der Bergstation schultern wir unsere Rücksäcke und beginnen unsere Hochtourenwoche. Ein kurzer Fußweg führt nun von der Bergstation zum Fuß des Suldenferners. Hier legen wir die Steigeisen an und betreten den Gletscher.

Markus erläutert uns die Route für die heutige Tour. Wir werden vorerst über den Suldenferner zur Suldenspitze aufsteigen und in der naheliegenden Casatihütte einkehren. Dann geht es hinab über die Pizzinihütte zur Brancahütte, auf der wir uns für 5 Nächte angemeldet haben. Am Gletscher legen wir die Steigeisen an und binden uns in die Seilschaft ein. Ein Vorgang der uns für die nächsten Tage zur Routine werden wird.

Es weht uns ein starker und kalter Wind entgegen. In einigen Serpentinen geht es nun Schritt für Schritt dem Ziel entgegen.

Endlich erreicht uns die Morgensonne. Leider wärmt sie uns noch nicht nennenswert. Am Gipfel der Suldenspitze in 3.345 Metern Höhe die wir gegen 11:25 Uhr erreichen, erklärt Markus uns die umliegenden Gipfel – Wer kann sich das bloß alles merken? Auf der Suldenspitze eröffnet sich ein Blick zum Suldener Dreigestirn mit Königsspitze, Zebrù und Ortler sowie zum Cevedale und der südlichen Ortlergruppe mit der an den Füßen liegenden Casati-Hütte.

Vorbei an Relikten des 1. Weltkriegs der hier oben sehr heftig getobt hat, wie z.B. altes Fernmeldekabel und alten Stellungen geht es nun hinab zur Casatihütte, die wir ja schon von unserer Martell-Tour im Jahr 2009 her kennen. Bei dem Blick auf uns nachfolgende Seilschaften wird unser Weg deutlich, den wir bis hierher zurückgelegt haben. In der Ferne erkennen wir noch die Seilbahnstation.

Gegen 12:00 Uhr erreichen wir die Hütte auf 3.230 Metern Höhe und stärken uns erst einmal mit Kaffee und Cappuccino. Die Casati-Hütte wurde im Jahre 1922 vom CAI Mailand errichtet. Im ersten Weltkrieg wurden die schon vorher erbauten Baracken für die Ortler-Cevedale-Front genutzt. Der Hüttenplatz wurde damals als strategisch wichtiger Punkt zwischen dem Valfurva, Suldental und Martelltal ausgewählt. Die Arbeiten wurden im Sommer 1922 begonnen und konnten auf Grund des schlechten Wetters erst im nächsten Sommer abgeschlossen werden. Die Einweihung war dann am 9. Dezember 1923.

Nach der Einkehr wenden wir uns gleich hinter der Hütte in Richtung Süd-West und verlassen damit erst einmal wieder den Schnee. Steil geht es nun auf gut ausgebauten Weg hinab in das Valle de Cedec in Richtung Pizzinihütte auf 2.800 Metern.

  

Auf dem Weg finden wir das zierliche Leinkraut, Petersbart und den schönen Gletscherhahnenfuß. Auf der Pizzinihütte kehren wir gegen 13:40 Uhr zu einer Mahlzeit ein und sind ob der hohen Preise sehr erstaunt. Sogar für die Benutzung des Bestecks ist hier ein Obolus zu entrichten.

Nach diesen Erfahrungen geht es nun weiter auf den letzten Teil-Abschnitt des Tages. Ein fast eben angelegter Höhenweg verläuft am Berghang entlang und führt uns durch grüne und feuchte Landschaften. Auch hier ist das feine Wollgras vertreten. Nicht mehr lange uns wir erreichen einen Aussichtpunkt der uns einen Blick auf das Tourengebiet der nächsten Tage gewährt.

Gegen 17:00 Uhr erreichen wir nun die Brancahütte Val del Forno auf 2.493 Metern Höhe und beziehen unser gemütliches Bettenlager, das wir für die nächsten Nächte für uns allein haben. Die Hütte ist momentan nicht allzu gut besucht und so sind wir in den folgenden Tagen fast die einzigen Gäste.

Dienstag 03.09.2013: Aufstieg zum Punta San Matteo

Die Hütte war heute Nacht wunderbar ruhig. Allerdings war die Nacht  aufgrund der knarrenden und quietschenden Betten leider nicht so erholsam wie wir hofften. Dafür sind wir am Abend kulinarisch bestens im Voraus entschädigt worden.

Für unser heutiges Ziel hat Markus die Punta de San Matteo ausgewählt. Der Berg ist 3678 Meter hoch und liegt genau auf der Grenze zwischen den italienischen Provinzen Trentino und Sondrio. Wir verlassen gegen 06:35 Uhr die Brancahütte hinab zum Gletscherbach des Gletschers des Punta San Matteo.

Zuerst bestiegen wurde der Berg am 28. Juni 1865 von den englischen Alpinisten Francis Fox Tuckett, George Henry Fox, Douglas William Freshfield und James Backhouse aus England. Geführt wurden sie von François Devouassoud aus Chamonix und Peter Michel aus Grindelwald

Die Sonne geht auf und taucht die uns umgebenden Berge in ein sanftes Morgenlicht. Vorerst müssen wir ein paar Meter hinunter um auf den Pfad in Richtung des Gletschers de Punta San Matteo zu gelangen. Über eine Hängebrücke queren wir den noch verhältnismäßig zahmen Gletscherbach. Im Laufe des Tages – mit zunehmender Sonneneinstrahlung – wird er immer reißender.

Bei 2.500 Metern legen wir die Steigeisen an und betreten den Gletscher. Ein Seil ist hier noch nicht erforderlich, da der Gletscher im unteren Bereich aper ist und daher eventuell vorhandene Spalten gut sichtbar sind. Erst bei Beginn der Schneeauflage binden wir uns zu einer Seilschaft zusammen.

So langsam wird uns mit der höher stehenden Sonne und der körperlichen Belastung so richtig warm. Vorbei an beeindruckenden Eisabbrüchen und bodenlosen Gletscherspalten haben wir Gelegenheit alle Facetten dieser bizarren und gewaltigen Eiswelt zu bestaunen. Einige kraftzehrende Steilstufen und einige Gletscherspalten sind zu bewältigen. Hier ist absolute Konzentration erforderlich.

Um 11:40 Uhr erreichen wir den Gipfelaufbau des Punta San Matteo in 3.670 Metern Höhe. Uns eröffnen sich beeindrucken Blicke nach alle Seiten. Wir machen fast eine Stunde Pause und genießen die hervorragende Weitsicht und das schöne Wetter. Es ist nahezu windstill. Eine wunderbar klare Luft ermöglicht eine hervorragende Sicht. In der Ferne ist die Bernina-Gruppe zu erkennen. Gegen 12:30 beginnen wir die Rücktour. Der Abstieg erfolgt nun auf der Aufstiegsroute zurück.

Noch einmal haben wir Gelegenheit bei vielen Fotopausen diese einzigartige Bergwelt zu genießen.

Die hochstehende Sonne lässt den Gletscher schmelzen. Unablässig sucht sich das Wasser einen Weg in die Tiefe. Aus Tropfen werden Rinnsale, aus Rinnsalen werden kleine Wasserläufe, aus Wasserläufen werden kleine Bäche die letztendlich tosend in einer Gletschermühle münden.

Mitunter offenbart das Eis Spuren aus der Vergangenheit. Wir finden auf unserem Weg über den Gletscher sogar eine Granate aus dem 1. Weltkrieg und weiter unten finden wir Schrappnellkugeln aus Blei.

Weiter geht es auf dem langen Abstieg über den Ferner hinab. Annette kommt uns entgegen und erwartet uns am Gletscherrand. Gegen 15:00 Uhr erreichen wir wieder unseren Stützpunkt, die Brancahütte, und wir lassen den ereignisreichen Tag bei Kaffee und Kuchen Revue passieren. Ein wunderschöner Hochtourentag geht nun zu Ende.

 

Mittwoch 04.09.2013: Palon de la Mare

Wieder gegen 06:35 Uhr verlassen wir die Brancahütte. Wieder verspricht der Morgen schönes Wetter für den Tag. Die umliegenden Gipfel werden von den ersten Sonnenstrahlen erreicht.

Immer wieder lassen uns die Blicke auf die weiße Welt der unnahbar scheinenden Berge innehalten. In leichter Kletterei gewinnen wir rasch an Höhe. Sind die Temperaturen anfangs noch recht frisch, so fangen wir doch schon bald an zu schwitzen – ist doch der Aufstieg relativ steil.

An einer Weggabelung machen wir Rast. Weiter geht es nun auf unserem Weg linker Hand in Richtung Palon de la Mare.

Bei 3.115 Metern Höhe legen wir gegen 08:55 die Steigeisen an binden uns zu einer Seilschaft ein und betreten den Gletscher. Denn von nun an geht es wieder auf dem Eis weiter.

Der Palòn de la Mare ist ein 3.703 Meter hoch und wird oft im Rahmen eines Übergangs zum Monte Cevedale überschritten. Zuerst bestiegen wurde der Palòn am 10. September 1867 von dem aus Böhmen stammenden Polar- und Alpenforscher Julius Payer und den Bergführern Johann Pinggera aus Sulden und A. Chiesa aus Peio im Val di Peio.

Im gleißenden Sonnenlicht gewinnen wir Schritt für Schritt an Höhe. Über einige Felsen – unterbrochen von Schneeabschnitten – liegt nun das letzte Stück vor uns.

Nur noch ein paar Meter und wir haben ihn erreicht – den Gipfel des Palon de la Mare auf 3.703 Metern Höhe. Gegen 12:00 Uhr erfreuen wir uns an einem phantastischen Panoramablick. Vom Punta San Matteo, dem Monte Vioz den wir in den nächsten Tagen besteigen wollen bis hinüber zum Monte Cevedale schweift unser Blick. Wir genießen das schöne Wetter mit der beeindruckenden Aussicht.

Nach einer Stunden Aufenthalt machen wir uns dann auf der Aufstiegsroute auf den Rückweg. Gegen 14:40 Uhr erreichen wir die Brancahütte und lassen es uns am Nachmittag auf der Sonnenterasse bei Kaffee und Kuchen so richtig gut gehen.

Donnerstag 05.09.: Giacomo

Unser heutiges Ziel wird Pizzo S. Giacomo sein. Wir starten wie schon die Tage zuvor gegen 06:35 Uhr. Heute wird uns Wolfgang nicht begleiten, da er einen Ruhetag einlegen möchte.

Die Morgenstimmung des beginnenden Tages und der aktuelle Wetterbericht versprechen wieder hervorragendes Bergwetter. In ein Seitental hinein geht es nun über interessante Farbgebungen und Gesteinsformationen des Gletscherschliffs. Über wegloses Gelände führt unser Weg. Langsam erreicht uns die wärmende Morgensonne – Zeit für eine Rast.

Schöne Farbspiele erwarten uns. Die kleinwüchsige Hochgebirgsflora überrascht uns immer wieder, mit welcher Farbvielfalt sie unser Auge erfreut. Auch der kleinste Vertreter der Weide – die Kriechweide.

Ein wahres Blumenparadies öffnet sich uns. Bunte Farbtupfer liegen auf unserem unberührten Weg wie z.B. das Leinkraut und die Kalkpolsternelke.  A einem Bachlauf entlang gelangen wir zügig in Richtung Gletscher hinauf.

An einer geeigneten Stelle überqueren wir den Gletscherbach. Nun legen wir die Steigeisen an und binden uns wieder in eine Seilschaft ein und betreten den Gletscher der im unteren Bereich schon ziemlich aper ist. Über das blanke Eis gelangen wir bald auf die Schneeauflage.

Eine Rast auf einem Felsvorsprung lässt uns Innehalten und unsere Blicke über die umliegenden imposanten Gipfel schweifen. Jetzt noch ein paar Meter auf dem Schnee in Richtung Gipfel empor. Schon bald erreichen wir den Gipfelaufbau des Giacomo, der ein wahres Geröll- und Schotterfeld darstellt. Über brüchiges Gestein führt der weglose Pfad. Gegen 11:10 Uhr erreichen wir den Gipfel des Giacomo mit seiner Höhe von 3.270 Metern.

Hier machen wir eine längere Rast um die Aussicht zu genießen. Dieses schöne warme Wetter – es ist hier völlig windstill – lädt wirklich zum verweilen und schauen ein. Wir haben Aussicht auf die umliegenden Gipfel wie den Pizzo Tresero, den Punta San Matteo und den Monte Monte Vioz. Nach etwas über einer Stunde, gegen 12:25 Uhr packen wir unsere Sachen wieder ein und beginnen den abenteuerlichen Abstieg über das Geröll des Gipfelaufbaus an dessen Ende wir uns wieder in die Seilschaft einbinden.

Für den Rückweg hat Markus sich etwas Besonderes für uns ausgesucht. Wir verlassen nämlich die Spur des Aufstiegs und begehen den Gletscher des Monte Tresero. Diesem wollen wir bis zu seinem Ende folgen. Was sich aus der Ferne immer als eine Eis- oder Schneefläche abzeichnet, entpuppt sich in Wirklichkeit als eine stark zerklüftete mit Spalten durchzogene Struktur. Wir müssen schon konzentriert darauf achten, wo wir jeweils den nächsten Schritt hinsetzen. Über eine Rippe des Gletscherausläufers steigen wir eine ca. 45 Grad geneigte Eisfläche bis zum Gletscher des Punta San Matteo hinab. Markus setzt auf diesem Weg mehrere Eisschrauben und sichert damit die Gruppe gegen den Absturz.

Nach diesem Abenteuer führt nun der lange Weg über den Gletscher des Punta San Matteo hinab. Wir erreichen die Brancahütte gegen 14:50 Uhr und genießen den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen während unsere Ausrüstung von der Nachmittagssonne getrocknet wird.

Freitag 06.09.2013: Monte Vioz

Der heutige Morgen zeigt sich uns noch mit einigen Wolken. Als Tagesziel wird der Monte Vioz anvisiert. Der Abmarsch von der Brancahütte beginnt wieder, wie schon an den Vortagen, gegen 06.35 Uhr. Die Wolken liegen noch schwer im Tal. Aber da können sie ruhig bleiben.

Der Monte Vioz ist 3.645 Meter hoch und liegt im nördlichen Teil des Cevedale-Vioz-Kamms. Zuerst bestiegen wurde der Vioz wahrscheinlich im Jahre 1854 anlässlich der österreichischen Landesvermessung durch den Alpenführer Christophoro Groos. Die erste gesicherte touristische Begehung fand am 4. September 1867 durch den aus Böhmen stammenden Polar- und Alpenforscher Julius Payer statt.

An einem Pausenplatz schlagen wir nun den Weg zur Rechten in Richtung Monte Vioz ein. Über einen Gletscherbach geht es nun hinüber zu einer Wand die mittels Seilsicherung erklommen werden muss. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir in diesem losen und brüchigen Gestein keine Steine lostreten und damit die Gefährten gefährden. Als wir oben angekommen sind gehen wir noch ein paar Schritte hinüber zum Gletscher und legen gegen 09:20 Uhr die Steigeisen an. Denn nun geht es wieder über Gletschereis.

Schwer legen sich die aufsteigenden Wolken auf die Landschaft und erzeugen eine unwirklich anmutende Atmosphäre. In der Ferne erkennen wir ehemalige und schon stark verfallende Gefechtsunterstände und Baracken aus dem 1. Weltkrieg.

Blauer Himmel und gleißendes Sonnenlicht – So muss ein Gletschertag sein. Gegen 11:25 Uhr erreichen wir den Gipfel des Monte Vioz auf 3.645 Metern Höhe.

Das Kreuz steht ein wenig entfernt und schon ein paar Minuten später erreichen wir es. Von hier wenden wir uns ca. 150 Meter hinab zur Viozhütte. Dort nehmen wir eine kleine Mahlzeit ein bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.

Die abgestiegenen Höhenmeter müssen wir auf dem Rückweg natürlich auch wieder aufsteigen. Gegen 12:40 steigen wir nun zurück. Um 13:15 Uhr legen wir nun wieder die Steigeisen an und beginnen unsere lange Rücktour auf der Aufstiegsroute. Beim Abstieg über die seilversicherte Wand teilt Markus uns in zwei Gruppen auf. Dagmar, Wolfgang und ich bilden die erste Gruppe. So haben wir Gelegenheit aus einiger Entfernung den Abstieg von Gila, Annette und Markus zu beobachten. Etwas müde aber zufrieden kommen wir an der Hütte an genießen den letzten Abend auf der Hütte. Heute gibt es zum Abendessen gedämpften Fisch.

Samstag 07.09.2013: Übergang von der Brancahütte nach Sulden

Für heute steht die Überschreitung des Monte Pasquale mit anschließendem Heimweg nach Sulden an. Wieder früh morgens treffen wir uns vor der Hütte und machen uns Abmarschbereit. Ein letztes Mal genießen wir die frühmorgendliche Stimmung und eine gewisse Unruhe macht sich bemerkbar bis wir dann um 06:35 Uhr abmarschieren.

Vor uns liegt heute eine wirkliche Königsetappe und wir haben einen Zeitplan einzuhalten – gilt es doch am Ende der Tour rechtzeitig die Seilbahn hinunter nach Sulden zu erreichen. So geht es auch gleich hinter der Hütte über eine Almwiese bergan. Nicht viel später geht es steiler über eine alte Seitenmoräne bergan.

Die ersten Sonnenstrahlen erreichen bereits dir höchsten Gipfel. Wir gehen jedoch noch etwas im Schatten. Leinkraut und Ackerkorn säumen unseren Weg als wir in Richtung Gipfelgrat des Monte Pasquale abzweigen.

Der Monte Pasquale – oder auch Osterberg genannt, ist 3.553 Meter hoch und liegt im nördlichen Teil des Cevedale-Vioz-Kamms. Die erste dokumentierte Besteigung des Monte Pasquale erfolgte am 26. Juli 1889 im Rahmen einer Überschreitung zum benachbarten Monte Cevedale durch den Mailänder Rechtsanwalt und Fotografen Giacomo Cavaleri, zusammen mit den Bergführern Battista Confortola und Filippo Cola.

Noch ein paar Meter und wir erreichen die wärmenden Sonnenstrahlen. Am Grat angekommen machen wir eine Trinkpause und legen die Klettergurte an, da Markus uns ab jetzt an das kurze Seil nimmt. Es sind einige kleinere Kletterpassagen zu überwinden und Markus möchte kein Risiko eingehen.

Jetzt noch ein paar Meter und wir erreichen den schneebedeckten Gipfelgrat der uns zum Gipfel führt.

Wir erreichen ihn gegen 10:00 Uhr. 3.553 Meter über dem Meeresspiegel. In einiger Entfernung erblicken wir die Casatihütte, unser Ziel für heute Mittag.

Wie schon an den Tagen zuvor finden wir auch hier Überreste von alten Gefechtsstellungen aus dem 1. Weltkrieg.

Nach dieser Rast machen wir uns gegen 10:20 wieder auf den Weg. Auf der anderen Seite geht es nun ca. 150 Meter teils über Fels, teils über Schnee und Gletschereis oft recht steil hinab. Die bedrohliche Seraczone durchqueren wir zügig – bergen dieses Seracs doch eine immerwährende Gefahr. Unabhängig von der Tageszeit und Umgebungstemperatur können sie jederzeit abbrechen.

Nun heißt es wieder Aufstieg hinauf zum Cevedalegletscher. Bizarre Eisgebilde verführen zum filmen und fotografieren. Wir erreichen den Scheitelpunkt dieses erneuten Anstiegs gegen 12:40 Uhr. Von nun an geht es auf der ausgetretenen Cevedale-Autobahn hinab in Richtung Casatihütte.

Das gehen fällt uns nicht leicht, da die Spuren unserer Vorgänger mal halten und mal auch nicht und so ein ständiges wegsacken vorprogrammiert ist. Gegen 13:45 Uhr erreichen wir die Hütte und wir kehren erst einmal zu einer Stärkung ein.

Unterhalb der Hütte wenden wir uns über den Cevedale-Gletscher, der aufgrund der warmen Sonnenstrahlen immer sulziger wird, zur letzten Etappe des heutigen Tages, in Richtung Eisseepass. Auf dem höchsten Punkt des Eisseepasses erreichen wir die Ruine der Halleschen Hütte, die direkt nach dem 1. Weltkrieg aus Hass heraus zerstört wurde. Heute erinnert eine Gedenktafel an diesen historischen Unsinn.

Über den Eisseepass gelangen wir hinab zum Suldenferner und später über einen gut ausgebauten Weg zur Seilbahn die uns hinab nach Sulden bringt. Hiermit geht unsere diesjährige Hüttentour zu Ende. Es war eine sehr beeindruckende Hochtourenwoche bei allerschönstem Wetter. Wir bedanken uns bei Annette und Markus für die Ausarbeitung, die Organisation und die umsichtige Führung. Es war wieder eine Zeit voller großartiger Augenblicke.